Wir erwachsenen Trennungskinder

Wenn Eltern sich trennen und ihre Kinder dabei nicht gut begleitet wurden, hinterlässt das bei vielen Menschen Spuren. Das gilt auch für viele andere Situationen vom Geburtstrauma, über Umzüge, Vernachlässigung oder Gewalt, bis zu Krankheit oder Tod eines Elternteils usw.
Meist ist es Erwachsenen gar nicht bewusst, dass manche ihrer belastenden Denk- und Verhaltensmuster mit Themen der Kindheit zusammenhängen – etwa ein geringer Selbstwert, Harmoniesucht, Aggressivität oder das Gefühl, für alles verantwortlich zu sein, und die Sorge, in Beziehungen zu versagen.
Angefüllt mit persönlichen Geschichten und neuesten Erkenntnissen aus Entwicklungspsychologie und Familienforschung zeigt dieses berührende Buch Wege auf, um Belastungen des inneren Trennungskinds zu verarbeiten. Übungen zur Selbst- und Beziehungsarbeit machen Mut, das Leben neu und selbstbewusst auszurichten und emotional unabhängig zu werden. Denn eine wertschätzende und erfüllende Beziehung zu sich selbst und zu anderen ist möglich!

Weißt du, was du wirklich willst

In beispielhaften Sitzungen geht die Psychotherapeutin Charlotte Fox Weber auf die oft verborgenen Beweggründe unseres Denkens und Handelns ein:
1) Der Wunsch zu begehren
2) Der Wunsch nach Kontrolle
3) Der Wunsch nach dem, was uns schadet
4) Der Wunsch nach Macht
5) Der Wunsch nach Aufmerksamkeit
6) Der Wunsch, etwas zu erschaffen
7) Der Wunsch zu gewinnen
8) Der Wunsch nach Verbundenheit mit anderen
9) Der Wunsch zu lieben und geliebt zu werden
10) Der Wunsch nach Sicherheit
11) Der Wunsch zu erkennen, was man will
12) Der Wunsch dazuzugehören
Dabei lässt sich erahnen, wie langwierig – oder auch gelegentlich schnell – Umstrukturierungen von (früh) erlernten Mustern ist. Eigene Bedürfnisse erkennen und anerkennen hilft, die richtigen Entscheidungen für unser Leben zu treffen. Denn viele psychische Probleme oder Erkrankungen haben ihren Ursprung in Wünschen, die wir nicht gelernt haben, zu erkennen und zu erfüllen.
Aus vielerlei Gründen werden eigene Wahrnehmungen, Wahrheiten und Bedürfnisse verdrängt; manchmal sogar begehren wir, was uns schadet.

Was wir glauben, wer wir sind

Glaubenssätze beruhen auf Glauben, sind also ungeprüfte Annahmen über die Welt.
Sie wirken wie ein Wahrnehmungsfilter, der nur das zulässt, was in unserer Weltsicht als stimmig (konsistent) erscheint und unserer eigenen inneren Logik entspricht.
Aber: ist das, was wir glauben, (nicht) zu können oder was wir meinen, tun zu müssen wirklich wahr? Woher kommen diese Vorstellungen?

Psychotherapeutin Nesibe Özdemir schildert in ihrem Buch ›Was wir glauben, wer wir sind‹ in 10 Fallbeispielen, wie es Menschen verändert, wenn sie tief verankerte Überzeugungen erkennen und hinterfragen.
Sie schafft das mit brillant gesetzten Worten auf eingängige, gut verständliche Weise im Erzählungsstil – lehrreich wie unterhaltsam, ohne ins „Fachchinesisch“ oder gar in Ratgeberallüren abzugleiten.
Manches wird vermutlich allen Lesern bekannt vorkommen, so dass Selbstreflexionen schon beim Lesen oder Zuhören ausgelöst werden: Welche meiner Überzeugungen schaden oder fördern? … und vor allem auch: Welche Annahmen liegen darunter und bilden ein in sich für mich stimmiges Glaubenssystem, das Entwicklungsmöglichkeiten behindert?

Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit

Argon-Verlag

Die bekannte YouTuberin, Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin
Dr. Mai Thi Nguyen-Kim klärt Fake News, Halbwahrheiten und Verschwörungsmythen auf.
Sie zeigt den Unterschied zwischen Fakten und Meinungen auf und benennt, wo die Fakten aufhören und wissenschaftliche Belege fehlen – wo wir uns also völlig zu Recht gegenseitig persönliche Meinungen an den Kopf werfen dürfen.

Themen des Buches und Beispiele, an denen wissenschaftliches Denken erklärt wird, sind: Die Legalisierung von Drogen, Videospiele, Gewalt, Gender Pay Gap, systemrelevante Berufe, Care-Arbeit, Lohngerechtigkeit, Big Pharma vs. Alternative Medizin, Homöopathie, klinische Studien, Impfpflicht, die Erblichkeit von Intelligenz, Gene vs. Umwelt, männliche und weibliche Gehirne, Tierversuche und von Corona bis Klimawandel: Wie politisch darf Wissenschaft sein?

Manchmal ist zu spüren, wie sehr sie in ihrer wissenschaftlichen Sprache zu Hause ist, wie ihr Englische oder Fachbegriffe so vertraut sind, dass sie ihr beim Schreiben und Sprechen (Hörbuch) nicht auffallen. Hilfreich sind jedoch ihre statistischen Wortklärungen und Erläuterungen in Exkursen.



The Circle

The Circle stellt vor, wie subtil immer mehr soziale Kontrolle von Firmen freiwillig von Bürgern installiert wird, um Straftaten vorzubeugen oder um Vorsorge zu treffen. Über kleine Kameras und die Präsenz im Internet entsteht umfassende Transparenz, immer mehr beobachtete Teilhabe an Leben anderer, immer mehr Überwachung und am Ende mit an Drohnen installierten Kameras die Jagd auf vermeidliche Übeltäter oder solche, die sich dem System entziehen wollen.

Der Roman wurde mit Emma Watson und Tom Hanks verfilmt.

Mir hat´s gefallen, da durchaus realistisch modelliert wird, was bestimmte Entwicklungen entstehen könnten. Schon jetzt sind an und in Häusern, an Straßen und an bestimmten Plätzen Verkehrs- und Überwachungskameras angebracht. Sie sind durchaus hilfreich bei der Verbrechensaufklärung, aber eben auch problematisch, wie in China mit dem Sozialkreditsystem zu beobachten ist.

Das Dorf der toten Kinder von Martina Straten

Ein Buch, welches mich Ende 2022 noch zu einem Lesehighlight geführt hat. Da ich selbst auf dem Dorf groß geworden bin, konnte ich mich sofort in die Geschichte hineinfühlen. Denn der Ort Berkweiler könnte auch glatt ein Dorf aus unserer Gemeinde sein. In dem kleinen Ort wird ne zugezogene Familie nicht richtig aufgenommen und dann passiert auch noch nen Mord an einem Kind und der Mörder wird nie gefunden. Die Mutter kehrt nach 20 jähriger Abstinenz zurück, um ihrer sterbenden Mutter bei zu stehen. Allerdings ist sie nicht willkommen und bekommt das überall zu spüren. Eine klasse Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Zudem wird ein bis heutiges Tabu-Thema behandelt. Eine klare Leseempfehlung von mir. Ausführliches zu dem Buch findet ihr im Bericht in der Dorfzeitung vom 30.01.2023.

Bild: Martina Straten

Das egoistische Gen

Wer Evolution verstehen möchte, greift hier zum richtigen Text.
In Fortführung kultureller Entwicklung ist dazu auf das Buch “Die Macht der Meme” hinzuweisen.

Richard Dawkins beschreibt die Prinzipien der Evolution.
Gene sind die Grundinformationen in Zellen, die für die Entwicklung von Eigenschaften eines Individuums notwendig sind – auch wenn diese Eigenschaften sich letztlich erst unter bestimmten Umgebungsbedingungen ausprägen – oder eben auch nicht. Die genetischen Baupläne werden von Generation zu Generation weitergegeben, aber eben auch aufgrund der Lebensumstände und durch Mutationen immer weiter modifiziert. Dabei ist Dawkins´ These, dass es Genen ganz egoistisch darum geht, sich selbst zu erhalten. (Natürlich ist eine derartige bewusste Motivation also solche nicht vorhanden; und dennoch zeigt sich dieses Ergebnis als das wahrscheinlichste unter den sinnvoll möglichen.) Denn alle biologischen Organismen dienen vor allem dem Überleben und der Unsterblichkeit der Erbanlagen und sind letztlich nur die “Einweg-Behälter” der “egoistischen” Gene.
Dennoch sind wir Menschen unserem Gen-Schicksal nicht hilflos ausgeliefert. Nach Dawkins Meinung sind wir nämlich die einzige Spezies mit der Chance, gegen ihr genetisches Schicksal anzukämpfen.

Anfänge

Auch hier zeigt sich wieder, wie sich bestimmte Meme, also Erzählweisen, z.B. im Geschichtsunterricht, verbreitet werden, die sich aber aus anderer Perspektive ganz anders darstellen. Es gibt Interessen, …

David Graeber, ein bedeutender Anthropologe unserer Zeit, und David Wengrow, einer der führenden Archäologen, betrachten Menschheitsgeschichte neu, indem sie unterschiedliche Formen des Zusammenlebens von Menschen in verschiedenen Weltregionen betrachten. Die bisher gängige Erzählart, die landwirtschaftliche Revolution von 10-12.000 Jahren habe eine zwangsläufige Entwicklung zu Städten und Staaten eingeleitet, erscheint mit ihren Befunden fraglich.
Auch die vorwiegend aus europäischer Sicht geschilderte Menschheitsgeschichte wird in Frage gestellt. Insbesondere zeigen sie auf, wie stark die indigene Perspektive das westliche Denken, insbesondere die Gedanken der Aufklärung, beeinflusst hat.
Es gibt und gab Formen sozialer Organisation in denen Freiheit, Wissen und Glück anders gelebt wurde und möglich ist, als in hierarchisch, göttlich gegebener Denkart.
Es lohnt, für eine andere, lebendigere Zukunft der Menschheit einzutreten, neue Perspektiven in den Blick zu nehmen und die durch unser Handeln zu verändern.

Mir scheint es sinnvoll “auf mehren Hochzeiten zu tanzen”, sich für vielerlei Fachrichtungen zu interessieren, um über den Tellerrand hinaus blicken zu können, um sich nicht von “der einen Wahrheit” blenden zu lassen.


Im Grunde gut

Sind Menschen im Grunde schlecht oder gut?
Rutger Bregmann kann schlüssig zeigen: Menschen sind “im Grunde gut”, selbst wenn sie schreckliche Dinge tun.
Die gängige Fassadentheorie, der Mensch sei schlecht – wie vom englischen Philosophen Thomas Hobbes oder dem Italiener Niccolò Machiavelli behauptet oder von Psychologen wie Philip Zimbardo aus Experimenten abgeleitet – wird durch vielerlei wissenschaftliche Befunde deutlich widerlegt.
Mir persönlich haben die Argumente wissenschaftlicher Forschung und die Belege, wie früher – ideologisch bedingt – Studien manipuliert wurden oder philosophischer Ideen als theoretische Konstrukte – ohne empirische Befunde – entworfen wurden, eingeleuchtet.
Vor allem wird mit diesem Text gründlich mit einem falschen Menschenbild aufgeräumt, das Ängste befeuert und damit Argumente für Unterdrückung lieferte. Dazu betrachtet Bregman geschichtliche Lebensformen – in frühen und modernen Kulturen – und leitet die Entwicklung der Menschenbilder her, so dass ein schlüssiges Erklärungsangebot entsteht.


Die Macht der Meme

Der britische Biologe Richard Dawkins hatte 1976 in seinem Buch The Selfish Gene = Das egoistische Gen die Prinzipien der Evolutionsbiologie beschrieben.
Susan Blackmore wendet diese Prinzipien auf die Evolution von Worten und damit auf Kultur und unsere Bilder von der Welt (Geist) an.
Worte haben, da sich lebendige Sprache immer weiter entwickelt, unterschiedliche Halbwertszeiten, so dass sich die Entwicklung von Sprachmustern und damit Denkfiguren und Weltverständnis aufzeigen lassen.

Welche Worte und Narrative (Erzählungen) z.B. über die Medien massenhaft verbreitet werden, sich in den Alltagsgebrauch einfügen, hat großen Einfluss darauf, wie Menschen die Welt sehen. Daher sind des zuerst die Rundfunk- und Fernsehanstalten, die Zeitungen und das Internet, das in autoritären Staaten unter Kontrolle gebracht wird. Aber auch in demokratischen Staaten werden aktuell Wortbedeutungen durch Rechtspopulisten umgedeutet oder durch Fake-News oder Verschwörungstheorien Verunsicherungen geschaffen, so dass für viele nicht mehr klar ist, wem man noch glauben kann, was die gesicherte Basis von Wissen ist.
Insofern halte ich es für wichtig, sich darüber klar zu werden, nach welchen Prinzipien bestimmte Sichtweisen sich mit welcher Wahrscheinlichkeit durchsetzen und welche Bedingungen dazu erforderlich sind.